Die jüdische Gedenksäule am Baden-Badener Willy-Brandt-Platz ist am Montag Ziel eines antisemitischen Anschlags geworden. Die Gedenkstele für die Opfer der Judenverfolgung des Dritten Reiches wurde mutwillig unter Zuhilfenahme eines Gerätes zerschlagen.
Gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde Baden-Baden und weiteren Vertretern der Baden-Badener Stadtgesellschaft (Stadt Baden-Baden, CDU, DIE GRÜNEN, SPD, Maccabi, Europa-Union und Pulse of Europe) rufen wir am Donnerstag, 7. August 2025, um 18 Uhr zur Mahnwache auf.
Mit dieser Gemeinschaftsaktion möchten wir zeigen, dass wir uns der Mahnung des Gedenksteins bewusst sind: Im Gegensatz zur Reichspogromnacht am 10. November 1938, bei der sich niemand dem Zusammentreiben der jüdischen Mitbürger im Polizeigebäude Sofienstraße 40, der Schändung heiliger Schriften und Zerstörung der Synagoge, entgegen gestellt hat – so soll heute in Erinnerung an das Wegsehen in der Vergangenheit mit breiter Einheit die Solidarität und das Eintreten für jüdisches Leben in Deutschland sichtbar gemacht werden. In Baden-Baden ist kein Platz für Antisemitismus. Wer Jüdinnen und Juden – sowohl das Gedenken an die Opfer der Vergangenheit als auch das alltägliche Leben in der Gegenwart – angreift, der greift uns alle an! Diese Botschaft muss klar und deutlich in der Stadt bekannt sein.
Die Polizei Baden-Baden nimmt Hinweise zum Tathergang unter 07221 32172 entgegen.
Im Folgenden teilen wir die Leserbriefe unserer Mitglieder Barbara Hoffs (Ehrenvorsitzende) und Stefan Lutz-Bachmann aus Anlass des Anschlags auf die Gedenkstätte:
„Die längste Zeit meines Lebens- insbesondere die letzten 30 Jahre – meinte ich, in Baden-Baden in einem kleinen Paradies zu leben. Mit vielen Problemen, die es weltweit auch gibt, hier aber eben kleiner und feiner. Die Realität hat uns alle eingeholt:die Zerstörung der Gedenkstele ist eine ungeheuerliche Tat! Schande über die Täter! Als überzeugte Demokratin weiß ich, dass man in einer Demokratie die „Schlange am Busen mit ernähren“ muss: man weiß nie, wann sie zubeißt. Wichtig ist nur, schnell ein wirksames Gegengift zur Hand zu haben! Hier stellt sich die Frage an die Verantwortlichen PolitikerInnen: Sind Sie entsprechend vorbereitet? Haben Sie einen Plan oder diskutieren wir wieder so lange, bis es zu spät ist?Und die Bevölkerung Baden-Badens? Müssen wir nicht geschlossen unsere Verurteilung für diese inakzeptable Tat zeigen? Sofort! Ohne Diskussion?
Barbara Hoffs
Ehrenvorsitzende DIG Mittelbaden“
„Schamloser Angriff auf unser Gedächtnis
Was muss noch passieren, bis dieser Gesellschaft endlich klar wird, dass Antisemitismus und Geschichtsvergessenheit eine offene Wunde sind? Die mutwillige Zerstörung des Shoah-Denkmals in Baden-Baden ist nicht nur ein feiger Akt des Vandalismus – es ist ein Angriff auf die Erinnerung an Millionen Opfer des Nazi-Terrors und eine Ohrfeige für alle, die für eine humane, tolerante Gesellschaft kämpfen. Gerade in einer Zeit, in der eine Partei, die als gesichert rechtsextrem bezeichnet werden darf, in den politischen Startlöchern steht, in der antisemitische Tendenzen und Hassverbrechen in ganz Europa wieder zunehmen, ist die bewusste Zerstörung eines solchen Mahnmals ein erschütterndes Signal.
Wer auch immer diese Schändung begangen hat: Es sind feige Täter, die offenbar weder den Respekt vor den Toten noch den Anstand haben, unsere demokratischen Werte zu achten. Doch ihr Hass wird scheitern. Denn jede zerstörte Gedenkstätte wird wieder aufgebaut, jede ausgelöschte Inschrift erneut eingraviert werden – und zwar lauter als zuvor.
Doch kommt der laute Aufschrei? Kommt die entschlossene Verfolgung der Täter? Es reicht nicht, solche Taten nur zu bedauern. Die Politik muss endlich handeln: Mehr Schutz für Erinnerungsorte, konsequente Strafverfolgung und vor allem eine Bildungsoffensive gegen Geschichtsrevisionismus und Hass! Wer Denkmale der Shoah zerstört, will Geschichte auslöschen und spuckt auf die Opfer und ihre Nachkommen. Das dürfen wir niemals hinnehmen.
Empört, aber nicht sprachlos, mit zornigen Grüßen, Stefan Lutz-Bachmann“
